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online-leitfaden zur (Selbst-)Reflexion für lehrende und lernende

Online-Leitfaden zur Selbst-(Reflexion)

Was heißt (Selbst-)Reflexion

  • (Selbst-)Reflexion bezeichnet die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen, aus Erfahrungen zu lernen und kritisch zu denken und zu handeln.
  • (Selbst-)Reflexion ist die Fähigkeit, sich auf seine eigenen Stärken und Schwächen zu beziehen, dabei selbstkritisch zu agieren und seine persönlichen Lernschwierigkeiten zu erkennen.
  • (Selbst-)Reflexion ist folglich die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Lernprozessen und Handlungsprozessen. Der gedankliche Schritt zurück und der Perspektivenwechsel ermöglichen, sich selbst und die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und zu verändern (Hilzensauer, 2008, S.7).

Wozu (Selbst-)Reflexion

  • (Selbst-)Reflexion ermöglicht den Lehrenden, nicht in ihrem berufspraktischem Erfahrungswissen zu verharren, sondern immer wieder situationsangemessenes, innovatives Lehrverhalten zu zeigen, umso mehr, wenn es darum geht, offene, divergente Situationen zu bewältigen (Pachner, 2013, S.8).
  • Stichwort: Inklusion, Begabungsförderung, Individualisierter Unterricht, Offenheit für neue neue Lehr-/Lernmethoden und Lehr-/Lernformen, Teamarbeit, Kooperationen mit anderen Schulen, Einsatz neuer Medien

Voraussetzungen für (Selbst-)Reflexion

  • (Selbst-)Reflexionsbereitschaft und (Selbst-)Reflexionsfähigkeit lässt sich indirekt fördern durch den Einsatz von Methoden und Instrumenten zur praxisbegleitenden (Selbst-)Reflexion z.B. das Führen von Lerntagebüchern oder Portfolioarbeit (Pachner, 2013)
  • (Selbst-)Reflexionsbereitschaft und (Selbst-)Reflexionsfähigkeit lässt sich direkt fördern durch Irritationen bzw. Überraschungen z.B. durch neue Herausforderungen Lernende mit neuen Lehr-/Lernmethoden konfrontieren (Siebert, 1991)

Welche Reflexionsebenen gibt es?

Wir unterscheiden 3 verschiedene Reflexionsebenen

  • Reflexionsebene 1: Reflexion über den Lerngegenstand
  • Reflexionsebene 2: Reflexion über die Lernhandlungen
  • Reflexionsebene 3: Reflexion über das Lernen (=Selbstreflexion)

Reflexion über den Lerngegenstand

Im Anschluss an eine Unterrichtseinheit gebe ich den Lernenden folgende Fragen mit:

  • Was habe ich in dieser Sitzung gelernt?
  • Welche Kenntnisse fehlen mir zum Erreichen der persönlichen Lernziele noch?
  • Welche weiteren Lernaktivitäten sind für mich persönlich noch notwendig, damit ich mir diese noch fehlenden Kenntnisse aneignen kann?

Reflexion über die Lernhandlungen

Im Anschluss an eine Unterrichtseinheit gebe ich den Lernenden folgende Fragen mit:

  • Wie bzw. welche Schritte plane ich, um den Arbeitsauftrag umzusetzen?
  • Konnte ich den Arbeitsauftrag umsetzen, oder musste ich meine Durchführungsschritte verändern?

Reflexion über das Lernen (Selbstreflexion)

Im Anschluss an eine Unterrichtseinheit gebe ich den Lernenden folgende Fragen mit:

  • Welche konkreten Lernhandlungen haben mich bei der Umsetzung des Arbeitsauftrages unterstützt/gefördert, welche davon gehemmt?
  • Welche Erfahrungen haben ich gemacht?
  • Welche davon könnten auch meinen Kolleginnen und Kollegen helfen

Sinn von (Selbst-)Reflexion

  • (Selbst-)Reflexion ermöglicht es uns unsere eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und dabei selbstkritisch zu agieren. Wir bleiben nicht bei unseren angelernten Handlungsmustern stehen, sondern entwickeln unser berufspraktisches Erfahrungswissen.
  • (Selbst-)Reflexion ermöglicht uns dadurch angemessen und innovativ auf unterschiedlichste Situationen zu reagieren

Voraussetzungen für (Selbst-)Reflexion

  • Reflexionsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit wird indirekt gefördert, indem wir Instrumente zur praxisbegleitenden (Selbst-)Reflexion einsetzen z.B. Blog, ePortfolio
  • Reflexionsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit wird direkt gefördert, indem wir mit neuen/ungewohnten Lehr-/Lernmethoden konfrontiert und so vor neue Herausforderungen gestellt werden z.B. ePortfolioarbeit in den einzelnen Seminaren

Reflexionsebenen

Wir unterscheiden 3 verschiedene Reflexionsebenen

  • Reflexionsebene 1: Reflexion über den Lerngegenstand
  • Reflexionsebene 2: Reflexion über die Lernhandlungen
  • Reflexionsebene 3: Reflexion über das Lernen (=Selbstreflexion)

Reflexion über den Lerngegenstand

  • Was habe ich in dieser Sitzung gelernt?
  • Was ist der Auftrag bis zur nächsten Sitzung?
  • Was ist mein Ziel/meine Ziele bis zur nächsten Sitzung?
  • Welche Vorerfahrungen bringe ich zur Umsetzung des Auftrags mit?

Beispiel für eine Reflexion über den Lerngegenstand

In der heutigen Sitzung hat uns unsere Vortragende die verschiedenen Funktionalitäten von Moodle gezeigt und auch kurz vorgeführt, wie wir in Moodle unser ePortfolio anlegen können.

Bis zur nächsten Sitzung soll sich jede/r von uns mit der Plattform vertraut machen. Wer Lust und Zeit hat, kann auch bereits versuchen, das ePortfolio und seine Bestandteile anzulegen.

Dafür gibt es auch einen eigenen eLearning Kurs mit Schritt für Schritt Anleitungen.

In der nächsten Sitzung sollten diejenigen, die den Versuch des ePortfolio-Erstellens durchgeführt haben, das Ergebnis samt Erfahrungsbericht vor der Gruppe präsentieren und im Anschluss gemeinsam mit unserer Vortragenden die Lernenden beim Schritt-für-Schritt-Anlegen des ePortfolios unterstützen.

Mein Ziel ist es, das ePortfolio bis zum nächsten Mal bereits selbst angelegt zu haben. Da ich bereits mit ähnlichen Lernplattformen gearbeitet habe, denke ich, dass ich bereits fit im Umgang bin und den eLearning Kurs nicht benötigen werde. Außerdem probiere ich gerne Neues aus und versuche zunächst immer selbst draufzukommen, bevor ich zu irgendwelchen Anleitungen greife.

Reflexion über den Lernhandlungen

  • Wie bzw. welche Schritte plane ich, um den Arbeitsauftrag umzusetzen?
  • Konnte ich den Arbeitsauftrag umsetzen, oder musste ich meine Durchführungsschritte verändern?

Beispiel für eine Reflexion über Lernhandlungen

Da ich versuchen wollte, das ePortfolio bis zum nächsten Seminar selbstständig anzulegen, habe ich mir einen Durchführungsplan erstellt:

In einem ersten Schritt habe ich versucht, das ePortfolio ohne jegliche Anleitung anzulegen. Leider hat das nicht wie gewünscht funktioniert, da das Anlegen in Moodle doch ganz anders ist als bei den anderen Lernplattformen, mit denen ich bereits gearbeitet habe.

In einem zweiten Schritt habe ich den von unserer Vortragenden empfohlenen eLearning Kurs durchgearbeitet und mir auch die Video-Workshops angeschaut. Im Anschluss habe ich erneut versucht, das ePortfolio anzulegen. Leider hat auch das nicht wie gewünscht funktioniert, da ich mir die vielen verschiedenen Schritte nicht alle auf einmal merken konnte.

Deshalb habe ich meine Strategie geändert und den E-Learning Kurs parallel geöffnet und das ePortfolio Schritt für Schritt mit den Anleitungen im Kurs erstellt, was dann tadellos geklappt hat.

Reflexion über das Lernen (Selbstreflexion)

  • Welche konkreten Lernhandlungen haben mich bei der Umsetzung des Arbeitsauftrages unterstützt/gefördert, welche davon gehemmt?
  • Welche Erfahrungen haben ich gemacht?
  • Welche davon könnten auch meinen Kolleginnen und Kollegen helfen

Beispiel für eine Reflexion über das Lernen (=Selbstreflexion)

Auf dem Weg zum Erreichen meines Ziels, nämlich das ePortfolio selbstständig anzulegen, hat mich mein Ehrgeiz oder sollte ich eher sagen mein Stolz und damit verbunden meine bisherige Lernmethodik: Ich brauche keine Anleitungen! Ich probiere so lange herum bis ich es habe! nicht zum Erfolg gebracht, sondern mich im Vorankommen eher gehemmt.

Trotzdem habe ich leider mehrere Stunden damit vergeudet, mich zu ärgern, bis es mir dann doch recht geworden ist, und ich den von unserer Dozentin empfohlenen E-Learning Kurs durchgearbeitet und mir auch die Video-Workshops angeschaut habe.

Diese Handlung hat mich dann zwar schon etwas weitergebracht, aber erst nachdem ich die einzelnen gezeigten Schritte parallel dazu umgesetzt habe, war das ePortfolio in kürzester Zeit fertig.

Reflexion im Lehrplan verankert

  • Reflexion auf Reflexionsebene 1 (Reflexion über den Lerngegenstand), also das Nachdenken über die Lerninhalte zum Zwecke der weiteren Lernaktivitäten, ist als pädagogisches Grundprinzip selbst im Lehrplan der Grundschule verankert.
  • Das Tun [der Kinder] soll zum Überlegen, Abwägen, Ordnen, Planen und zum Erkennen führen (Bundesministerium für Bildung und Frauen, 2015).

Einsatz unterschiedlicher Lernformen

  • Lernen an außerschulischen Lernorten: Zoo, Wald, Bauernhof, Bach, Schulgarten, Nutzung von museumspädagogischen Angebote etc.
  • Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen: Kindergarten, Hauptschule, Gymnasium -> Lernen durch Lehren = Buddy-Prinzip -> jede Grundschülerin/jeder Grundschüler hat einen großen Buddy aus einer höheren Schule (Hauptschüler/innen geben den Grundschüler/innen einen Computerkurs, führen mit diesen Physik-Versuche durch) oder ist Buddy eines Kindergartenkindes (z.B. Lesebrückenprojekt: Grundschüler/innen lesen Kindergartenkindern vor)
  • Sationenarbeit oder Werkstattarbeit: Arbeit an selbst gewählten Lernstationen mit unterschiedlichen Arbeitsaufträgen und Schwierigkeitsgraden zu einem Thema im eigenen Lerntempo.
  • Freiarbeit oder Wochenplanarbeit: vielfältiges Lernmaterial wie z.B. Lernspielen, Karteien, Medienecken ? Spielerisches Lernen ist ein motivierendes Element des Unterrichts
  • Projektwochen: Fächerübergreifende Arbeit an einem Thema, z.B. ein Kunst-, Literatur-, Sport- oder Theaterprojekt
  • Kreisgespräche: In Kreisgesprächen trifft sich die Lerngruppe, um die Schulwoche zu beginnen oder abzuschließen, Unterrichtsvorhaben zu besprechen, Ergebnisse zu präsentieren oder auch um Klassenangelegenheiten zu erörtern.

Portfolioarbeit zur Reflexionsunterstützung

  • Die Kinder lernen dabei selbstorganisiertes Lernen, Selbstkontrolle, die Reflexion ihrer eigenen Arbeit (Dokumentation im Portfolio als begleitendes Lerntagebuch, Projekttagebuch, Stärken-Portfolio, Gruppenportfolio, etc.)
  • Die Kinder können als Expertinnen und Experten ihren Mitschüler/innen helfen
  • Die Lehrerin/der Lehrer kann sich währenddessen gezielt um einzelne Kinder kümmern und diese bei der Arbeit beobachten und unterstützen
  • Außerdem lassen sich bei all diesen Lernformen die unterschiedlichsten (digitalen) Medien integrieren (Bücher der Schulbibliothek, Medienecken mit Computer, Handy, Tablet, Digitalkamera, etc.)

Resümee

All diese Lernformen inkludieren reflexive Elemente, denn die Kinder denken selbstständig über das Gelernte nach und lassen die Erkenntnisse in den Lernprozess einfließen.

Man kann daraus ableiten, dass die Reflexion über den Lerngegenstand in den Grundzügen jedem Menschen bis zu einem gewissen Grad vertraut ist.

Verwendete Literatur

  • Bundesministerium für Bildung und Frauen. (2015). Lehrplan der Allgemein bildenden Schulen.
  • Hilzensauer, W. (2008). Theoretische Zugänge und Methoden zur Reflexion des Lernens. Ein Diskussionsbeitrag. bildungsforschung, 5(2).
  • Pachner, A. (2013). Selbstreflexionskompetenz. Voraussetzung für Lernen und Veränderung in der Erwachsenenbildung? Magazin erwachsenenbildung.at. Das Fachmedium für Forschung, Praxis und Diskurs., (20), 56–62. Verfügbar unter: http://erwachsenenbildung.at/magazin/13-20/meb13-20.pdf
  • Siebert, H. (1991). Aspekte einer reflexiven Didaktik. In W. Mader (Hrsg.), Zehn Jahre Erwachsenenbildungswissenschaft. (S. 19–26). Bad Heilbrunn, Obb: Julius Klinkhardt.
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